„Herausforderung & Chance“ – Dr. Fritz Gamerith, Schwabe, über Stresssituationen in Corona-Zeiten

22.04.2020 Interviews
4 Minuten Lesezeit

Wir haben uns mit Herrn Dr. Fritz Gamerith zu einem virtuellen Gespräch „getroffen“ und über den Umgang mit Stress in ungewohnten Situationen, die Unterstützung von Apothekern in Corona-Zeiten und Kreativität in der Pharmabranche gesprochen. Lesen Sie hier, wie der Geschäftsführer von Schwabe Austria mit der aktuellen Situation umgeht und wie er neue Ideen seiner Mitarbeiter fördert.

Johannes Hloch / Schwabe Austria

Herr Dr. Gamerith, wie geht es Ihnen in dieser Krisenzeit? Mit welchen Herausforderungen hatten Sie in den letzten Wochen beruflich, aber auch persönlich zu kämpfen?

Wir befinden uns nun seit sechs Wochen in einer Situation, die mit zahlreichen Veränderungen einher geht. Auch bei uns in der Firma haben wir auf Krisenmodus umgestellt. Wir sind ein produzierendes Unternehmen, das heißt, dass besonders die Bereiche Produktion und Auslieferung betroffen sind. Es sind zurzeit zwei Teams im Schichtbetriebe aktiv, die eine effiziente Fortführung der Produktion garantieren sollen. Unsere Mitarbeiter aus dem Büro sind, wie überall sonst auch, bis auf weiteres im Home-Office. Mittlerweile haben wir uns weitestgehend an diese neue Situation gewöhnt und können weiterarbeiten und den Betrieb aufrecht erhalten.

Und persönlich? Wie gehen Sie in der Familie mit der aktuellen Situation um?

Persönlich ist es natürlich nicht leicht. Ich bin, wie jeder andere Mensch auch, ein soziales Wesen. Ich bin gerne unterwegs, treffe Menschen, tausche mich aus. Außer mit der engsten Familie habe ich momentan keinen Kontakt mit anderen Verwandten, Freunden und Kollegen. Das ist eine große Herausforderung. Aber ich bin sehr froh, dass uns der Frühling und das schöne Wetter durch diese schwierige Zeit begleiten.

Eine Zeit der Krise ist immer auch eine Zeit des Umbruchs. Für viele Menschen sind Veränderungen mit Stress, Angst und Unruhe verbunden. Wie können Sie Ihren Kunden hier unterstützend zur Seite stehen?

Wir haben versucht mit unseren langjährigen Kunden sehr schnell ins Gespräch zu kommen und auf die neue Situation zu reagieren. Das bedeutet, auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen. Im Bereich der Apotheken haben wir etwa nachgefragt, ob Bestellungen online oder lieber per Telefon abgegeben werden sollen. Georg Cirko, ein Mitarbeiter aus dem Außendienst hatte dann die Idee, Apotheker bei der Auslieferung von Medikamenten zu unterstützen. Nachdem der Außendienst im Moment nicht wie sonst ausgelastet ist, haben unsere Mitarbeiter die freien Kapazitäten genutzt, um Medikamente an die bekannten Risikogruppen auszuliefern.

Wie viel Zeit verging von der ersten Idee bis zur Umsetzung des Projekts?

Das ging sehr rasch. Der Kollege mit der Idee hat bereits nach drei Tagen mit der Auslieferung begonnen. Nach und nach haben sich dann weitere Mitarbeiter angeschlossen und die Apotheken in der Umgebung kontaktiert. Es freut uns auch sehr, dass sich in weiterer Folge auch andere Firmen angeschlossen haben und die Idee fortführen.

Dr. Fritz Gamerith im ePharmaINSIDER Interview

Dr. Fritz Gamerith spricht im Interview mit dem ePharmaINSIDER über Stresssituationen und Chancen für neue Ideen.

Thema Apotheken: Sie haben vor kurzem ein Webinar zum Thema „Apotheker & Stress“ umgesetzt. Wie kam es zu dem Projekt? Und können Sie uns mehr zum Inhalt des Webinars verraten?

Wir sind auf pflanzliche Arzneimittel spezialisiert. Viele dieser Arzneimittel wirken auf das Gehirn, auf die Psyche oder die Stimmung. Uns ist das Thema Stress also nicht unbekannt. Wir wissen auch, dass z.B. unser Produkt Vitango®, das zur Behandlung von Stress zugelassen ist, von Menschen der Gesundheitsberufe eingenommen wird. Auch andere Produkte wie Passedan® oder Lasea® kommen im Bereich Stress und Unruhe zum Einsatz. Sie sehen also, dass das ein Thema ist, das uns seit langer Zeit begleitet und das auch in Kundengesprächen immer wieder aufgegriffen wird. Jetzt hat es sich angeboten mit unseren Kunden auch auf persönlicher Ebene – nicht nur produktspezifisch – über diese Themen zu sprechen. Daraus ist dann unser Webinar „Mentale Stärke fürs Apothekenteam – Stress, Angst, Panik“ entstanden, wo verschiedene Aspekte zum Umgang mit Stress behandelt wurden.

Mit welchen Stresssituationen waren Sie persönlich im Rahmen des Projekts konfrontiert?

Es war das erste Webinar, das ich selbst gehalten habe. Da ging es um ganz banale Themen, mit denen man sich auseinandersetzen musste. Angefangen vom Hintergrund, der im Bild zu sehen ist, bis zur Position des Laptops, damit man in einem günstigen Winkel in die Kamera schauen kann. Unter meinem Laptop stehen jetzt übrigens drei Stapel Kopierpapier (lacht). Auch die Technik war natürlich ein Aspekt. Da hatten wir zuerst Probleme und mussten auch hier kurzfristig eine Lösung finden. All das sind Punkte, die in so einer Situation stressig sein können, die wir aber am Ende gut gemeistert haben.

Durch die aktuelle Situation ist Kreativität im digitalen Pharma Marketing besonders gefragt. Es werden Dinge ausprobiert, die vor einigen Wochen vielleicht noch sehr skeptisch betrachtet wurden. Was nehmen Sie für die „Zeit danach“ mit?

Ich denke, dass die intensivierte digitale Nutzung etwas ist, das uns bleiben wird. Wir haben vorher die Erfahrung gemacht, dass speziell Ärzte im niedergelassenen Bereich, aber auch Apotheker in der Praxis nicht so affin waren in der Benutzung digitaler Tools. Das hat sich schlagartig geändert, weil andere Kanäle auf einmal wegbrachen. Es gab ja auch vorher schon die Möglichkeit z.B. Fortbildungsgespräche elektronisch durchzuführen. Oft war aber die Bereitschaft nicht da, das auszuprobieren. Jetzt sind diese Tools Großteils installiert und funktionieren und ich bin zuversichtlich, dass wir diese auch in Zukunft verstärkt nutzen werden. Auch wenn sich viele freuen, wieder an persönlichen Zusammenkünften teilzunehmen. Das eine schließt das andere ja nicht aus.

Wie stehen Sie zu den Themen Innovation und Kreativität in der Pharma Branche? Was unternehmen Sie bei Schwabe, um neue Ideen zu fördern?

Gestern habe ich ein Zitat auf LinkedIn gesehen, das sinngemäß bedeutet: „Wir engagieren nicht gute Leute in unserer Firma, um Ihnen dann zu sagen, was sie tun sollen. Wir engagieren gute Leute, damit SIE uns dann sagen, was wir besser machen können.“

Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Teil des Erfolgs. Man muss die eigenen Mitarbeiter fördern und Raum für neue Ideen lassen. Wenn das nicht passiert, würden wir in der Firma stehen bleiben. Ein Mensch kann nie so gescheit sein, wie zehn.

Können Sie hier vielleicht ein konkretes Projekt nennen?

Über unsere Digital Marketing Managerin, Elisabeth Mondl, kam die Idee, im Rahmen einer Kooperation mit der IMC FH Krems ein Design Thinking Projekt umzusetzen. Studenten aus dem Masterstudiengang „Management von Gesundheitsunternehmen“ beschäftigen sich dort mit einer Fragestellung aus unserem Unternehmen und sollen völlig ergebnisoffen an das Thema herangehen. Es geht vor allem darum, dass diese Studenten ihre Ideen einbringen können und etwas erarbeiten, das für unsere Firma neu ist.

Herr Dr. Gamerith, vielen Dank für dieses Gespräch und die Einblicke in Ihr Unternehmen.


Über Dr. Fritz Gamerith

Dr. Fritz Gamerith ist Geschäftsführer von Schwabe in Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn, lehrt Pharmamarketing an der Donau Uni Krems, ist Mitglied des IGEPHA Vorstandes und Vorsitzender des Fachausschusses „regulatory affairs“ sowie im Präsidium der ÖGPHYT (Österreichische Gesellschaft für Phytotherapie).

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit Schwabe Austria GmbH entstanden.

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