Idorsia: Der Schlafmittelerzeuger will der Gesellschaft die Augen öffnen
Der US-Hersteller von Schlafmitteln Idorsia gründete vergangenes Jahr eine Allianz von Forschung und Industrie, um der Schlaflosigkeit mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Eine kürzlich präsentierte Umfrage dieser Expertengruppe fördert augenöffnende Tatsachen zutage.

Alles begann, als Idorsia auf die Zulassung seines Schlafmittels Daridorexant, durch die nordamerikanische Arzneimittelbehörde FDA wartete. Nun ist der Wirkstoff unter dem Markennamen Quiviq eingeführt worden. Gemeinsam mit der Markteinführung begann Idorsia für Schlaflosigkeit zu schärfen – durch einen Art Thinktank, der sich vor allem den Themen Schlafstörungen und Schlaflosigkeit vonseiten der Forschung widmen will. Diese Alliance for Sleep will aber auch das Bewusstsein für manch verstecktes Problem und unerkanntes Stigma wecken. Jetzt präsentierten die Verantwortlichen sehr interessante Tatsachen.
Der Bericht basiert auf der Wake Up America Survey, einer Umfrage unter Menschen, die an Schlaflosigkeit leiden. Demnach suchen 70 % der Betroffenen verzweifelt nach einer Lösung und geben dafür jährlich mehr als sieben Milliarden US-Dollar für Medikamente und Hilfsmittel aus.
Der Schlaflosigkeit keine Aufmerksamkeit gewidmet?
Jedoch – und das ist das interessanteste Ergebnis der Umfrage – wird dem Schlaf offenbar nicht genügend Aufmerksamkeit zuteil. Denn obwohl ÄrztInnen den Schlaf nach Ernährung und Bewegung als die dritte Säule im gesunden Leben ansehen, fragen nur 66 % der Mediziner bei Routinebesuchen nach der Qualität des Schlafes ihrer Patienten. Und eine erschreckende Mehrheit von 57 % der befragten Menschen mit Schlaflosigkeit haben mit ihrem Hausarzt/ ihrer Hausärztin noch nie darüber gesprochen.
Klarerweise sieht Idorsia hier ein Potential für Quiviq. Doch nicht nur die PatientInnen, auch die Konkurrenz schläft nicht: Dayvigo von Eisai und Belsomra von Merck sind starke Marken, und dazu wird der Markt noch von unzähligen Generika überschwemmt. Und bei der Vielzahl an zur Verfügung stehenden Therapien ist es nicht leicht, zur Patientin/zum Patienten durchzudringen oder ÄrzteInnen dazu zu bringen, Quiviq zu verschreiben.
COVID als Schlafkiller
In Zeiten von COVID hat sich die Situation auch noch verschlimmert. „Uns liegen Studien vor, die indizieren, dass die Pandemie zu einer Prävalenzsteigerung bei Schlafstörungen und Schlaflosigkeit sowohl in den USA als auch in anderen Teilen der Welt beigetragen hat“, sagt Ruth Benca. Die Forscherin ist nicht nur Leiterin der Fakultät für Psychiatrie und Verhaltensmedizin der Wake Forest University in North Carolina, sondern auch eine der leitenden Persönlichkeiten der Alliance for Sleep.
„Damit einher geht eine Zunahme von psychiatrischen Symptomen wie Depressionen, Drogenmissbrauch, Angstzuständen, und Selbstmordanfälligkeit, die mit Schlafstörungen in Verbindung gebracht werden können, da für all diese beschriebenen Symptome Schlaflosigkeit zumindest ein nicht irrelevanter Risikofaktor ist“, so Benca weiter.
Die Studie zeigt aber auch, dass es im Bereich Schlaf und Schlaflosigkeit noch einen Aufklärungsbedarf gibt. 74 % der Befragten glauben, alles über Schlaf und Schlaflosigkeit zu wissen. Diese oftmals falsche Überzeugung öffnet aber Mythen und Märchen über Schlaflosigkeit Tür und Tor.
Durch Schlaflosigkeit stigmatisiert
Eine weitere, Augen öffnende Tatsache, die die Studie aufzeigt, ist wie bereits erwähnt, dass verhältnismäßig viele Menschen mit ihren ÄrztInnen nicht über das Thema Schlaf sprechen. Das liegt vor allem daran, so die Autoren, dass Schlafstörungen marginalisiert werden und viele Betroffene meinten, das Problem müsse man alleine lösen. Die so erzeugte Scham bewirke einerseits ein Ausweichen vieler auf nicht verschreibungspflichtige „Selbstmedikation“, deren Wirksamkeit nicht erwiesen ist. Andererseits hätten viele die Angst vor Abhängigkeit oder schädlichen Nebenwirkungen und stünden deshalb der Verschreibung von Schlafmitteln distanziert gegenüber.
Ruth Benca betont sehr, dass „Schlaflosigkeit wegen seiner erheblichen Gesundheitsrisiken mehr ärztliche Aufmerksamkeit verdient und dass man Mythen wie die, dass man sich an Schlafstörungen irgendwann gewöhne, beseitigen muss.“
Wer ist Idorsia? Und was ist Quiviq?
Idorsia ist ein relativ unbeschriebenes Blatt in der Pharma-Branche. Das Unternehmen entstand erst in jüngerer Vergangenheit, als nach der Übernahme des Schweizer Medikamentenerzeugers Actelion durch den amerikanischen Riesen Johnson & Johnson beschlossen wurde, die Forschungssparte als Idorsia auszugliedern.
Quiviq ist das erste von diesem Spin-off auf den Weg der Zulassung gebrachte Medikament, für das die US-amerikanische FDA jetzt grünes Licht gab. Kern der Wirkung ist der duale Orexin-Rezeptor-Antagonist (DORA), der die Leistungsfähigkeit des Schlaflosigkeitpatienten untertags erhöht. Quiviq ist dadurch zum direkten Konkurrenten von Belsomra geworden, dem auf ähnlicher Wirkung basierendem Produkt des Mitbewerbers Merck.