„Authentizität und Information“ – Janis Jung, CEO von MOOCI, im Interview

30.09.2019 Interviews
3 Minuten Lesezeit

Janis Jung ist CEO von MOOCI und spricht mit dem ePharmaINSIDER über Brand Management und die Digital Patient Journey. Dabei muss die Pharma- und Gesundheitsbranche zukünftig nicht nur informativ, sondern auch authentisch sein.

Sie sind seit vielen Jahren Unternehmer im Healthcare-Bereich – was fasziniert Sie an dieser Branche?

Im Grundsatz geht es in diesem Bereich um das wichtigste Gut in unserer Gesellschaft – die Gesundheit. Der Healthcare-Bereich ist hinsichtlich der Digitalisierung noch am Anfang, was es zu einer großen Herausforderung als Unternehmer macht und gleichzeitig so viele tolle Möglichkeiten bietet. Es ist für mich jeden Tag eine Freude einen Teil zu einer gesünderen und glücklicheren Zukunft beitragen zu dürfen.

Manchmal scheint es so, als sei das Thema Brand Management und digital Marketing im Healthcare-Bereich noch nicht ganz angekommen. Worauf kommt es Ihrer Meinung nach an?

Aus meiner Sicht dreht sich beim Brand Management alles um Inhalte mit dem höchstmöglichen Mehrwert für den Leser bzw. die Zielgruppe. Wissenschaftliche Informationen müssen für medizinische Laien in eine verständliche Sprache übersetzt werden, ohne werblich zu wirken. Menschen müssen Vertrauen zu einer Marke aufbauen, da ich davon überzeugt bin, dass heutzutage „verkaufen“ fast ausschließlich über eine persönliche Bindung funktioniert. Erfahrungsgemäß sind die besten Kennzahlen, wenn es um die Analyse von Inhalten und deren Relevanz geht, die Verweildauer und die Absprungrate.

Zudem müssen alle Beteiligten im Rahmen der digitalen Transformation über die Chancen der neuen Rahmenbedingungen informiert werden, aber auch über die Risiken und wie man mit diesen umgeht. Beispielsweise: Was ist bei einem Shitstorm zu tun oder bei einer negativen Bewertung?

Sie beschäftigen sich sowohl mit Pharma-Marketing als auch mit Marketing für Ärzte und Ordinationen. Worin unterscheiden sich diese beiden Bereiche?

Hinsichtlich der Werbung von Produkten und Leistungen sind beide Bereiche gesetzlich eingeschränkt. Ganz klar ist der Arzt noch näher an den Patienten und kennt deren Bedürfnisse. Er kann gezielt das Marketing der Ordination oder Klinik daran anpassen. Im Pharma-Marketing ist in der Regel der Arzt der Kunde. Noch dazu kann der Arzt sich als Experte positionieren und den Vorteil des Personal Branding für sich nutzen: Er/sie kann eine starke Bindung zur Zielgruppe aufbauen, was wie oben beschrieben, aus meiner Sicht ein sehr wichtiger Faktor in der digitalen Welt ist.

Auch die Patienten werden immer digitaler – wie hat sich die Digital Patient Journey in den letzten Jahren verändert? Sind die Anforderungen der Patienten an die Pharma- und Healthcare-Branche gestiegen?

Das kann auf jeden Fall mit einem klaren Ja beantwortet werden. Früher lag der digitale Fokus der Pharma-Branche fast ausschließlich auf der Produkt-Website. Heute ist es wichtig über den Tellerrand hinauszuschauen. Alle Möglichkeiten sind auszuloten und für das jeweilige Ziel zu bewerten. Fragen wie „Wie erreiche ich meine Zielgruppe?“ und „Was sind die Bedürfnisse meiner Zielgruppe?“ sollten hier an erster Stelle stehen.

Wir haben 2018 eine Studie mit mehr als 100.000 Personen durchgeführt und mehr als 93% suchen online nach medizinischen Informationen und/oder Ärzten. Allein diese Zahl zeigt, dass sich die Patient Journey nahezu ausschließlich auf die digitale Welt verlagert hat und alle Anbieter in dieser Branche müssen sich dieser Entwicklung anpassen.

Social Media wird auch im Rahmen der Patient Journey immer wichtiger. Wo sind hier die Anknüpfungspunkte?

Social Media ist aus der Patient Journey nicht mehr wegzudenken. Aus meiner Sicht wird es hier in Zukunft weniger um Informationen von Unternehmen für Patienten oder Ärzte gehen, sondern vielmehr um die Schaffung einer Plattform für den Austausch der Patienten oder Ärzte untereinander. Ein entscheidender Punkt wird der Aufbau von Communities sein, damit diese Gruppe von Personen im Idealfall persönlich an eine Marke bzw. ein Unternehmen gebunden ist.

In vielen Maßnahmen ist die Pharma-Branche auch juristisch eingeschränkt. Worauf muss man hier besonders achten, wenn man trotz der immer schnelleren Digitalisierung mithalten möchte?

Das schwierigste ist das Verbot der Laienwerbung. Deswegen sollten alle Aktivitäten immer juristisch abgeklärt und freigegeben sein. Wichtig ist vor allem die Vermeidung von „marktschreierischen“ Aussagen. Dies gilt auch für Social Media. Hinsichtlich RX-Produkte kann über die Indikation informiert werden aber der Produktname sollte nicht genannt werden und es sollte neutral gestaltet sein.

Es gibt unabhängige Plattformen für die Informationen bei Ärzten, z.B. Diagnosia, oder bei Patienten, z.B. MOOCI, die beide mit Login-Bereichen arbeiten.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach Digital Marketing und Brand Management in der Pharma- und Healthcare-Branche in den nächsten Jahren verändern? Welchen Stellenwert räumen Sie diesen Bereichen in Zukunft ein?

Aus meiner Sicht wird dieser Bereich durch die digitale Transformation einen immer wichtigeren Bereich einnehmen. Es wird entscheidend sein, wie authentisch und gleichzeitig informativ ein Unternehmen an seine Zielgruppe kommuniziert. Zusätzlich steigt das Empowerment der Patienten, sodass das Marketing in Bezug auf diese Zielgruppe in Zukunft vermutlich den höchstmöglichen Stellenwert einnehmen wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

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