Pharmaindustrie: Das Superhelden-Image verblasst
Im ersten Jahr der Pandemie war das Image der Pharmaindustrie so hoch wie seit langem nicht mehr. Doch der Glanz des Ruhmes verblasst. Ukraine-Krieg und Inflationsgefahr ziehen die Aufmerksamkeit auf sich.

Die USA sind der größte Markt der westlichen Pharma-Industrie und der am besten untersuchte. Das Umfrageinstitut Harris Poll hat Mitte März Daten veröffentlicht, wonach die positive Beurteilung der Pharmaindustrie weiter im Sinken begriffen ist. Zuletzt sahen mit 47 % nur etwas weniger als die Hälfte der Befragten die Heilmittelhersteller in einem positiven Licht.
Und das ist gegenüber dem Spitzenwert von 62% im Dezember 2020 schon ein markanter Rückgang. Damals war man durch die Marktreife der ersten COVID-mRNA-Impfungen auf einem Popularitätshoch. Selbst seit Anfang des Jahres hat der Imagewert noch leicht nachgegeben.
Keine Katastrophe – aber Angst davor
Was ist aber jetzt der Grund dafür? Robert Jekielek, der CEO von Harris Polls, spricht von einem Wendepunkt: „Da ist kein historisches Thema, das wir da in den Zahlen sehen. Die Pharmaindustrie wird einfach von anderen Themen in den Hintergrund gedrängt.“ Auch keine dramatische Fehlleistung der Pharmariesen wird dafür verantwortlich zu machen sein.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind zwei tagesaktuelle Themen dafür ausschlaggebend, die für die USA (noch) keine katastrophalen Folgen nach sich ziehen: Krieg in der Ukraine und die im Raum stehende Gefahr der Teuerung. Die Pandemie entwickelt sich hin zu einer endemischen Krankheit und wird aus dem Fokus der Aufmerksamkeit gedrängt.
Die Ängste vor unleistbarem Tanken, Heizen und Investieren und die Furcht vor einem vielleicht bevorstehenden, großen, im schlimmsten Fall sogar nuklearen Konflikt. Diese Dinge sind es, die die Menschen jenseits des großen Teiches derzeit am meisten bewegen. Und da werden andere aus dem Blickfeld gedrängt. Aber es sind nicht nur die Heilmittelhersteller. Lebensmittel, Technologie-Unternehmen und verarbeitendes Gewerbe leiden ebenso an zurück gehender Popularität ihrer Unternehmen und Erzeugnisse.
Noch immer besser als vor COVID
Die Gefahr bestehe nun laut Robert Jekielek darin, dass das nachlassende Interesse die Menschen wieder in altbekannte Muster abdriften lässt und die Pharmazeuten wieder in kritischem bis eher negativem Licht gesehen werden. Aber es gibt auch Grund zu Optimismus, so der Meinungsforscher: „Vor der Pandemie lag die positive Beurteilung der Branche bei etwa 30%, da sind wir bei fast 50% noch sehr gut unterwegs.“ Und dieses Plus an Respekt gegenüber früheren Zeiten könne sich positiv auswirken, vor allem was die zukünftige Preisgestaltung von Medikamenten betrifft. Man denke nur an die kürzlich vom Weißen Haus erneut thematisierte Preissituation von Insulin.
„Wenn die Pharmaindustrie in den Köpfen der Amerikaner ein höheres Ansehen und Verständnis genießt, dann kann sie auch leichter gegen Dinge, die nicht in ihrem Interesse liegen, argumentieren“, so der Meinungsforscher abschließend.