„Social Media als Infotainment“ – Prof. Dr. Robin Rumler, Pfizer Österreich, im Interview
Prof. Dr. Robin Rumler, Geschäftsführer von Pfizer Österreich, hat mit uns über die Social Media Aktivitäten von Pfizer gesprochen. In unserem Gespräch geht er nicht nur auf die eigene Motivation ein, seine Social Media Präsenz zu pflegen. Er gibt außerdem Tipps für Unternehmen, die vor der Entscheidung stehen, selbst Social Media Kanäle zu eröffnen und gewährt Einblicke in alltägliche Herausforderungen.

Herr Rumler, Sie selbst sind mit Ihrem Namen sehr aktiv auf LinkedIn. Können Sie sagen, welche Motivation dahintersteht bzw. warum Sie sich für LinkedIn entschieden haben?
Wir haben vor etwa zwei Jahren darüber diskutiert, weil wir gesehen haben, dass soziale Medien unaufhaltsam unser Leben beeinflussen und auch ein Unternehmen wie Pfizer viele Geschichten zu erzählen hat. Im Zuge der Recherche nach passenden Kanälen sind wir schlussendlich auf LinkedIn gestoßen. Für unsere Botschaften kann ich ganz klar sagen, dass die Entscheidung die richtige war.
Ich poste auf meinem Profil etwa einmal pro Woche. Dabei kann es sich um ganz unterschiedliche Inhalte handeln. Manchmal etwa eine Botschaft in Form von Bewegtbild oder auch etwas Weitergeleitetes, das mir an anderer Stelle untergekommen ist. Wichtig ist mir hier die Kontinuität. Es hat mich überrascht, wie kraftvoll die Antwort meines heutigen Netzwerks ist, das ständig wächst. Es macht mir mittlerweile auch richtig Spaß.
Posten Sie tatsächlich alle Inhalte auf LinkedIn selbst, oder steht da ein Redaktionsteam dahinter?
Nein. LinkedIn bearbeite ich gemeinsam mit einer Kollegin aus der Unternehmenskommunikation. Wir planen hier schon voraus. Ziel ist einfach, Botschaften zu setzen: Was tut das Unternehmen? Was tut sich in der Branche? Was tut sich in der Gesundheitspolitik? Und eben auch positiv besetzt die Augen öffnen, Geschichten erzählen und mit der Community in Diskussion gehen.
Wie sieht Ihr eigener Social Media-Konsum aus? Würden Sie sagen, dass Sie einen Mehrwert daraus ziehen, anderen Personen zu folgen?
Absolut. Ich lese viele Medien. In dem Moment, in dem man in der Öffentlichkeit steht, ist wichtig zu wissen, was sich tut. Mein Hauptkonsum liegt aber definitiv noch in den traditionellen Medien, den Tageszeitungen und News-Plattformen. Dort konsumiere ich viele unterschiedliche Nachrichten quer über alle Branchen. Der Fokus liegt aber natürlich auf gesundheitlichen Themen. Ich finde es spannend, wenn Themen aufpoppen, die mich interessieren und das ist meistens Gesundheitspolitik. Es kann aber auch Sport sein.
Im Bereich Social Media bewege ich mich primär auf LinkedIn und folge hier Personen, die mich beruflich oder durch ihre Themen begeistern. Persönlich finde ich spannend zu sehen, warum ein gewisser Post gut funktioniert. Daraus lerne ich auch etwas. Einerseits bekomme ich dadurch Feedback aus der Community und lerne auch, wie ein Post aussehen muss, damit er gut ankommt und eine größere Audience erreicht.
Vor kurzem haben Sie einen Facebook-Kanal für Pfizer Österreich eröffnet. Können Sie uns einen Einblick in den Prozess geben von der Idee bis zur tatsächlichen Kanal-Eröffnung?
Erstens einmal: Wir sind hier wirklich ein super Team. So einen Schritt kann man nur machen, wenn Profis involviert sind. Das ist mein erster und wichtigster Tipp. Wenn du als Unternehmen etwas machst, dann müssen die Mitarbeiter das können und wollen. Wir haben hier spezielle Trainings für unsere Mitarbeiter gemacht, bis hin zum Umgang mit einem Shitstorm. Logischerweise kannst du dann nicht sagen: „Jö, mich hat es jetzt erwischt.“ Hier muss ein Plan dahinterstehen, wie auch in der klassischen Medienarbeit.
Wir haben strategisch ermittelt, auf welche Kanäle wir gehen. Facebook war jetzt einer der letzten Schritte, die wir getätigt haben. Das ist zweifelsfrei ein sehr breiter Kanal, der definitiv auch einen Aufwand darstellt aber durch die Breite auch ganz neue Reichweiten für Pharma und die Marke Pfizer bringt. Hier ist das Team wirklich toll unterwegs. Ich glaube, das gibt dir auch das Gefühl, die Nase vorne zu haben. Das spüren wir. Sowohl auf LinkedIn oder Kununu und jetzt auch auf Facebook.
Die meisten Social Media-Profile von Pharmafirmen fokussieren stark das Employer Branding oder die eigenen PR-Botschaften. Sieht man sich beispielsweise die Produktkommunikation an, wo Zielgruppen wie Arzt oder Patient erreicht werden sollen, sehen Sie da einen Stellenwert für Social Media Kommunikation?
Ich glaube, Social Media Kanäle eröffnen den Weg zu Stakeholdern, Konsumenten oder Patienten. Und das Ganze ist natürlich eine große Möglichkeit, die sehr sensibel, strategisch und geschickt angegangen werden muss. Das fördert die Transparenz. Aber es gibt vor allem die Chance, Themen zu setzen und in den Dialog zu gehen. Das wollen wir als Pfizer Österreich erreichen. Auf Grund unserer vergangenen Social Media Aktivitäten konnten wir bereits einiges an Erfahrung sammeln: Was will der Arzt? Was will der Apotheker? Was macht Sinn für den Patienten?
Aber es ist definitiv nicht so, dass ich sage, ich presche mit irgendeinem Thema voraus. Wir sehen Themen, die aktuell Bedeutung haben. Ein gutes Beispiel ist der Nichtrauchertag. Das kann ich politisch, konsumententechnisch oder businesswise angehen und sagen: Hier gehört mehr getan – und das tun wir. Das muss man sich im Vorfeld bereits überlegen.
Für uns ist das Thema Social Media kein Werbekanal, sondern Infotainment – eines meiner Lieblingswörter. Ich möchte gerne informieren, Awareness schaffen. Es geht von Gesundheitsbewusstsein über Prävention über Behandlungsmöglichkeiten oder Empfehlungen. Wir versuchen das Thema ganzheitlich zu betrachten. Die Bewerbung des Produkts soll nicht stattfinden – da sind erstens gesetzliche Beschränkungen zu beachten und zweitens ist das definitiv nicht die Richtung, die wir einschlagen dürfen und wollen. Natürlich bewerben wir auch Produkte. Das sind einfach gesprochen Information und Beratung. Aber das findet auf anderen Kanälen statt.
Haben Sie den Eindruck, dass sich die Social Media Präsenz auf den Unternehmenserfolg auswirken kann?
Ja.
Klare Antwort.
Ja. Ich kann Ihnen sagen: die Marke Pfizer oder auch die „Marke Rumler“ haben sich aufgeladen. Oft bekomme ich Nachrichten aus dem Bekanntenkreis: „Heute habe ich ein Medikament von dir. Ich finde das gut, wenn Pfizer draufsteht, dann habe ich Vertrauen.“
Es gibt ein Gesicht dazu.
Ganz genau. Und das können wir fördern. Es gehört sozusagen zum Gesamtpaket dazu und spielt heute eine große Rolle in unserem Agieren. Und es wird in Zukunft noch mehr eine Rolle spielen, wie auch andere Dinge. Wir arbeiten heute in der Forschung und Entwicklung an Produkten, die in 12, 15 Jahren kommen. Wir können auch dieses Thema, die Forschung generell, in den Mittelpunkt stellen. In welche Richtung geht das Thema Gesundheit? Was bedeutet Erziehung, Bewegung, Prävention?
Also sehen Sie hier auch eine gewisse gesellschaftspolitische Verantwortung als Pharmaunternehmen?
Absolut.
Die Branche kämpft immer wieder auch mit ihrem schlechten Ruf. Ist Social Media auch eine Möglichkeit, transparenter zu wirken?
Ich möchte uns gerne vor den Vorhang holen, die Geschichten erzählen, die wir erzählen können und das sind ganz viele. Beispielsweise: Wo waren wir bei bestimmten Behandlungen und wo stehen wir heute? Solche Entwicklungen müssen transportiert werden. Und wir müssen uns für den Dialog öffnen. Nur wenn wir auf Augenhöhe mit den Menschen kommunizieren und uns nicht hinter Betonmauern verstecken, können wir etwas verändern. Und das ist wichtig, dass wir das vermehrt tun. Ich sehe mich hier auch in einer Vorreiterrolle, die ich gerne ausübe.
Wie gehen Sie mit der Angst vor negativen Reaktionen um? Oft ist das ein Hauptargument für viele Firmen gegen eine Präsenz auf Social Media.
Das ist einfach – erstens einmal: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Ich glaube, wir bemühen uns sehr, gute Botschaften zu vermitteln, die das nicht unbedingt auslösen. Aber – das wissen wir alle – man ist nie davor gefeit. Dementsprechend sind wir eben sehr wohl auch auf solche Fälle vorbereitet. Deswegen gibt es das Team, deswegen haben wir spezielle Trainings gemacht. Damit man im Fall des Falles über eine mögliche Krise hinwegkommt. Ich finde, Kommunikation in diesem Stil braucht auch Respekt, braucht Know-how und ich denke, dass wir das haben.
Haben Sie Tipps für andere Unternehmen, die gerade überlegen, ob sie einen z.B. Facebook-Kanal eröffnen sollen?
Erstens: Ich bin ganz sicher, dass jedes pharmazeutische Unternehmen gute Geschichten zu erzählen hat. Es ist mindestens wert, scharf darüber nachzudenken, ob man nicht in irgendeiner Form etwas in die Richtung tun könnte. Zweitens: Ich würde mich hinsetzen, idealerweise mit einem externen Experten oder Expertenteam und checken, wie die Marke aufgeladen ist. Wie stehen wir da? Was wären die Themen, an denen wir vielleicht arbeiten müssen oder die sich anbieten darüber zu berichten? Und dann würde ich auch sehr wohl überlegen: Welcher Kanal ist geeignet und wer ist die Person, die transportiert?
Sollte Ihrer Meinung nach, eine bestimmte Person im Rahmen der Social Media Präsenz eines Unternehmens im Vordergrund stehen?
Ich kann es nur aus meiner Sicht sagen. Unsere Erfahrung zeigt, wenn eine Person im Vordergrund steht, funktioniert das zehn Mal so gut wie ein neutraler Account. Wenn ein Testimonial vorhanden ist, dann funktioniert das. Aber der muss die Extrameile gehen.
Wie würden Sie den Stellenwert von Social Media für die Pharma- und Healthcarebranche in den nächsten Jahren einschätzen? Wo sehen Sie Chancen, aber vielleicht auch Herausforderungen? Gerade, wenn man an das Thema Regulierung und Transparenz denkt.
Ganz klar: Die große Chance ist einfach, eine weitere Möglichkeit, über deine Leistungen zu informieren und Feedback aus der Community zu bekommen. Die Herausforderungen in der Zukunft sind zweifelsfrei sich abzugrenzen. Es wird wahrscheinlich in der Zukunft immer wichtiger, dass man sich überlegt – das tun wir natürlich auch – wie man idealerweise durch ein emotionales Bild und die passende Botschaft Inhalte transportiert. Es ist die Frage: Was spricht den anderen an? Und natürlich auch: Wen will ich ansprechen? Je später ich anfange, desto schwieriger wird es wahrscheinlich werden.
Vielen Dank für das Gespräch.